Folge 5 - Freiraum für Kunst und Kultur


Die Stadtverordnetenversammlung hat auf Initiative der Koalitionsfraktionen einstimmig die Aufstellung eines Rahmenplanes Altstadt beschlossen. Der Rahmenplan soll die städtebauliche Entwicklung der Altstadt für die nächsten 10 bis 15 Jahre in ein Gesamtkonzept beschreiben.

 

In dieser Folge beschäftigen wir uns mit den Themen Kunst, Kultur und Tourismus.

 

Wetzlar hat für den Tourismus viel zu bieten: die wunderschöne Altstadt mit den engen Gassen und Plätzen mit Gastronomie und Geschäften, die Grünflächen um die Altstadt und entlang der Lahn sowie die zahlreichen Museen und nicht zuletzt der Dom und die Alte Lahnbücke. So stieg die Zahl der Übernachtungen in Wetzlar bis 2019 auf über 250.000 per anno. In der Pandemie wurde noch einmal eine Steigerung der Zahlen bei den Individualreisenden und Tagesgästen verzeichnet (vgl. Jahresbericht der Tourist-Info 2019-20, Seite 48). Dennoch hat das Beherbergungsgewerbe, die Gastronomie sowie Kunst- und Kulturtreibende unter der Pandemie besonders zu leiden – sind doch gerade die Kultureinrichtungen mit die ersten Betriebe, die im Lockdown schließen mussten. Insofern verdient der Kulturbereich eine besondere Aufmerksamkeit sowie kurz- und langfristige Strategien zur Förderung von Kultur in der Altstadt.

 

Die Wetzlarer Altstadt bietet sowohl für die etablierte Kultur als auch für Jugend- und Subkulturen eine Menge: Die Wetzlarer Festspiele mit dem Hauptaustragungsort im Rosengarten ziehen jährlich rund 15.000 Besucherinnen und Besucher an. Das Kulturzentrum Franzis sowie die Musikveranstaltungen Wetzlar-Live auf dem Domplatz genießen einen hervorragenden Ruf weit über die Grenzen des Kreises hinaus. Die Musikschule ist in der Altstadt beheimatet, die zahlreichen Museen und Galerien tragen ihr Übriges für eine bunte und vielfältige Kulturszene in der Altstadt bei.

 

Die Stadtverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 13. Dezember 2021 einen weiteren richtungsweisenden Beschluss für die Wetzlarer Museumslandschaft gefasst: das Optikmuseum soll zu einem Sience-Center weiterentwickelt werden und in den mittleren Block der Domhöfe umziehen. Das Sience-Center wird ein moderner Lernort für Jung und Alt und soll auf einer Fläche von über 800 m² auf zwei Ebenen Begeisterung bei jungen Menschen für die technischen Berufe wecken. Wir sind der Überzeugung, dass dieses Projekt nicht nur der heimischen Wirtschaft bei der Suche nach Nachwuchskräften helfen kann, es kann ein weiterer Anziehungspunkt zur Belebung der Wetzlarer Altstadt werden.

 

Wir bedauern es zwar sehr, dass kein Multiplexkino in die Domhöfe einziehen wird. Wir sind aber überzeugt, dass in den beiden geplanten multifunktionalen Sälen in den Domhöfen regelmäßig Filmvorführungen und Programmkino stattfinden werden. Wir sind der Meinung, dass ein Oberzentrum wie Wetzlar über ein modernes Kino verfügen sollte, wo neben Programmkino künftig auch aktuelle „Blockbuster“ gezeigt werden. Leider sind in den Abendstunden die gesetzlichen Rahmen für weitere Veranstaltungen in der Freilichtbühne Rosengarten ausgeschöpft, stellt die Bühne doch einen optimalen Austragungsort für weitere Open Air Kino-Austragungen dar. Hier sollten daher Ersatzflächen rund um die Altstadt gesucht werden, wo Open Air Kino abgehalten werden kann. Mögliche Standorte wäre nach einer Aufwertung der Klostergarten oder gar das dann neu gestaltete Freibad als Naturbad in den Abendstunden außerhalb des Badebetriebes, wenn eine multifunktionale Nutzung zum Beispiel auch mit einem Beach-Club geplant wird.

 Eine Verlagerung der Musikschule in die Domhöfe ist geplant und nimmt konkrete Formen an.

Eine weitere Maßnahme wurde bereits im Rahmen des Kulturentwicklungsplanes entwickelt:  den Umzug des Kulturamtes und Entwicklung zu einem offenen Kulturbüro. Ziel ist es, eine Immobilie in der Altstadt für das Kulturamt zu finden, das als offene Anlaufstelle für Künstler, Kulturtreibende und kunstinteressierte Bürgerinnen und Bürger dienen kann. Wir setzen uns dafür ein, dass hier eine geeignete Immobilie in der Altstadt gefunden wird.

 

Neben der institutionellen Kultur soll die Altstadt aber auch Raum für weitere, unorganisierte Kunst und Kultur bieten können. Besonders dringlich ist die Etablierung bzw. Bereitstellung von Räumlichkeiten, die als Produktion- und Veranstaltungsstätten dienen und von den Kulturschaffenden der „freien Szene“ als feste Anlaufstelle genutzt werden können.

 

Durch die Aufwertung von den Grünflächen in der Altstadt zu hochwertigen Parkanlagen können kleine, ruhige Oasen entstehen, wo die Altstadtbewohner Rückzugsorte zum Lesen oder Musikgenießen finden können. Hier denken wir insbesondere an den Altstadtgrüngürtel, den Klostergarten, den Lottehof oder den Klostergarten.

 

Zur Aufwertung tragen Entsiegelungsmaßnahmen, Bepflanzung, Sitzbänke oder Sonnenliegen sowie ein paar öffentliche Bücherschränke bei. Gerade in den  Altstadtwohnungen fehlt es oft an großzügigen Balkonanlagen oder Terrassen, so können solche wohnungsnahe Grünflächen als Leseterrassen oder „Gärten der Sinne“ für die Altstadtbewohner gestaltet werden.

Weitere Ideen zur Förderung von Kunst und Kultur in der Altstadt sind:

 

  • Micro-Events in der Altstadt auf temporären, flexiblen Bühnen
  • Kunst im Straßenraum, temporär oder dauerhaft wie zum Beispiel bei der Gestaltung von freien Giebeln, Schaltkästen oder leer stehenden Schaufenstern in Verbindung mit freier Kunstszene oder über die Volkshochschule
  • Ausbau der Nacht der Galerien und offenen Museen
  • Wiederbelebung der Kinderkulturtage
  • Generationsübergreifende Angebote wie zum Beispiel Erzähl-Cafés oder Vorlesezirkel
  • Stärkere Einbindung von Kulturschaffenden mit Migrationshintergrund jenseits von reiner Folklore oder internationaler Küche

 

 

Eine lebens- und liebenswerte Altstadt lebt durch ihre vielfältigen Angebote für einen Erlebnisaufenthalt nicht nur für die Gäste von nah und fern, sondern besonders auch für die eigene Wohnbevölkerung. Hier ist der Freiraum in der Altstadt für Kunst- und Kulturschaffende zu sichern und auszubauen.